Pinkel

Pinkel
Bild: Oliver Hallmann, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons
Bild: Oliver Hallmann, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons


Pinkel ist eine grobe, geräucherte Grützwurst, die in Nordwestdeutschland, vor allem in der Region um Oldenburg, Bremen und Osnabrück sowie in Ostfriesland und Friesland, traditionell zu Grünkohl gegessen wird. Pinkel ist mit dem Knipp verwandt, aber kürzer und dünner. Außerdem wird der Pinkel geräuchert und Knipp nicht.

Geschichte des Pinkel

Woher der Pinkel genau stammt und wer ihn „erfunden“ hat, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Als sicher kann aber gelten, dass, wie bei ähnlichen Würsten wie zum Beispiel dem Bremer Knipp, der westfälischen Stippgrüze oder der Kartoffelwurst im süddeutschen Raum, in Österreich und der Schweiz die Hafer- oder Gerstengrütze im Pinkel vor allem als Binde- und als Streckmittel für die Wurstmasse diente. Indem sie dem kostbaren Fleisch und dem Speck gekochte Grütze oder andere stärkehaltige, sättigende und günstige Getreideprodukte zugaben, war es den zumeist armen Bauern möglich, nahrhafte, energiereiche und trotzdem billige Würste in größeren Mengen herzustellen. Oft enthielten die Würste außer Grütze, Speck und Schwarten und ggf. Innereien nur einen geringen Anteil an Fleisch. Pinkel, Knipp, Stippgrütze und ähnliche Würste waren daher ein echtes Arme-Leute-Essen.

Pinkel wurde früher nur im Spätherbst und Winter hergestellt. In der kalten Jahreszeit war es kühl genug, das Fleisch und die Würste vom geschlachteten Schwein auch ohne künstliche Kühlmöglichkeit über längere  Zeiträume hinweg aufbewahren zu können, ohne dass diese verdarben. Außerdem war das Getreide für die Grütze reif und eingebracht. Um die Würste noch länger haltbar zu machen, hängte man sie dann an der Decke der Wohnstube bzw. der Küche auf, wo sie durch den Rauch des Herdfeuers geräuchert wurden. Noch heute ist Pinkel zusammen mit dem Wintergemüse Grünkohl ein traditionelles deftiges Winteressen im Norden.

Die Herkunft des Namens Pinkel

Über die Herkunft des Namens „Pinkel“ gibt es mehrere verschiedene Theorien. Eine davon besagt, das Wort „Pinkel“ stamme vom Friesischen „Pink“ für „kleiner Finger“ (s. engl. „pinkie“)  bzw. „Penis“ ab. Eine andere Theorie besagt, der Name „Pinkel“ stamme von der Tatsache, dass die Würste nach dem Räuchern an der Decke aufgehängt wurden und dort noch lange geschmolzene Fetttröpfchen auf den Boden „pinkelten“.

Eine dritte Theorie besagt, dass der Ausdruck Pinkel (auch Püngel oder Pünkel) als eine Bezeichnung für eine zusammengedrängte Masse oder für einen kurzen, dicken Gegenstand diente. Möglicherweise geht auch das heute gebräuchliche Wort „Bündel“ auf dieses Wort zurück. In eine ähnliche Richtung geht die Theorie, dass sich das Wort Pinkel von Pinker für den Mastdarm (hier: Rindermastdarm) ableitet. Rindermastdarm wird noch heute traditionell bis heute als Wursthülle verwendet.

Pinkel besteht hauptsächlich aus Speck, Hafer- oder Gerstengrütze, Rindertalg, Schweineschmalz, Zwiebeln, Salz, Pfeffer und anderen Gewürzen. Die genaue Rezeptur wird von jedem Metzger geheim gehalten und von ihm wie sein Augapfel bewacht. Der „normale“ Pinkel mit einem höheren Grützeanteil wird auch als Bremer Pinkel bezeichnet. Pinkel mit höherem Fleischanteil werden auch als Fleisch-Pinkel oder Oldenburger Pinkel bezeichnet.

Pinkel ist eher in Nordwestddeutschland beheimatet. In Nordostdeutschland (Schleswig-Holstein, Sachsen Anhalt) wird eher Bregenwurst zum Grünkohl gegessen.

Herstellung von Pinkel

Zur Herstellung wird Speck und Rindertalg gewolft und mit gehackten Zwiebeln und Hafer- oder Gerstengrütze vermischt. Die Masse wird mit Salz, Pfeffer und anderen Gewürzen abgeschmeckt und dann in Schweinedünndärme oder traditionell in Rindermastdärme gefüllt.

Anschließend werden kurze, dicke Würste abgedreht. Diese werden dann im Dutzend oder mehr auf Stangen aufgehängt und über Buchenholz heiß geräuchert. Während des Räuchervorgangs schmilzt ein Teil des Fettes in der Wurst und tropft auf den Boden (s. Die Herkunft des Namens Pinkel)

Aussehen und Geschmack

Pinkel haben eine eher kurze, gedrungene Form. Die Haut ist bräunlich und verströmt einen leichten Rauchgeruch. Die Konsistenz der Wurst ist mittelgrob bis grob und je nach Rezeptur und Fleischanteil von einer hellen, gräulichen oder hellrosa Farbe. Die Grütze ist zumeist gut erkennbar, bei Fleisch- bzw. Oldenburger Pinkel dominiert jedoch deutlich der Fleischanteil in der Wurstmasse. Die Wurst hat einen kräftig-deftigen Geschmack und ein mehr oder weniger deutlich wahrnehmbares Raucharoma.

Pinkel wird traditionell zu Grünkohl serviert, in dem man die Würste zusammen mit dem Grünkohl erhitzt. Grünkohl mit Pinkel ist ein traditionelles Essen im Winter, welches fast nur in Norddeutschland gegessen wird. Neben der deftigen Wurst werden dabei meistens noch Bratkartoffeln sowie Kochwurst und verschiedene Fleischsorten wie Schweinebacke, Rippchen, Kassler und geräucherter Bauchspeck gegessen.Nach dem deftigen Essen ist es häufig üblich, einen klaren Schnaps (Korn, Aquavit) zur Verdauung zu trinken.

In Süddeutschland ist dieses Gericht praktisch unbekannt, weshalb auch die Pinkelwurst kaum zu bekommen ist.

Grünkohl und Pinkel ist in Norddeutschland so beliebt, dass im Winter regelmäßig so genannte „Kohl-und-Pinkel-Touren“ bzw. „Kohlfahrten“ veranstaltet werden, bei denen ganze Familien, Freundes- oder Bekanntenkreise, Firmenbelegschaften oder Vereine zu Landgasthöfen pilgern, um dort ein traditionelles Grünkohlessen mit Pinkel zu veranstalten.

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    Jürgen ist gelernter Koch und staatlich geprüfter Hotelbetriebswirt. Er war u.a. als Küchenchef in einem Hotel einer großen, internationalen Hotelkette tätig. Jürgen hat, neben seinem Abschluss zum staatlich geprüften Hotelbetriebswirt, diverse Aus- und Weiterbildungen im Bereich Gastronomie absolviert. Dazu zählen u.a. die Ausbildereignungsprüfung sowie eine Weiterbildung in der weltberühmten Ecole Lenôtre in Paris.
    Jürgen ist seit über 20 Jahren im Onlinebereich tätig. Seine Leidenschaft gilt nach wie vor den Bereichen Essen und Trinken, wo er sich besonders für traditionelle, unverfälschte Lebensmittel und Getränke, deren Herstellung und natürlich deren Genuss interessiert.
    Jürgen ist u.a. Träger des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung und Anerkannter Berater für Deutschen Wein.

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Oliver Hallmann, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons