Coburger Bratwurst

Coburger Bratwurst
Bild: Presse03, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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Die Coburger Bratwurst ist eine Bratwurstspezialität aus der kreisfreien Stadt Coburg und dem Landkreis Coburg in Oberfranken in Bayern. Als einzige Wurst in Deutschland darf zur Herstellung der Coburger Bratwurst Ei als Bindemittel verwendet werden. Dazu hat die kreisfreie Stadt und der Landkreis Coburg eine entsprechende Sondergenehmigung.

Geschichte der Coburger Bratwurst

Die Herkunft der Coburger Bratwurst ist umstritten. Einige geben als „Geburtsdatum“ das Jahr 1498 an. In diesem Jahr soll anlässlich des Fastnachtdienstags Bratwürste an die Armen und Kinder Coburgs verteilt worden sein. Beleg dafür ist ein Speiseplan des Georgenspitals. Das Fleisch für diese Bratwürste lieferten die letzten Schweine, die vor der Fastenzeit geschlachtet worden waren.

Andere wiederum behaupten, die Coburger Bratwurst sei 1530 anlässlich eines Aufenthalts und der Verpflegung Martin Luthers und des kurfürstlichen Reisezugs zum ersten Mal hergestellt worden.

Sicher ist, dass bereits zur Zeit des Dichterfürsten Goethes auf dem Coburger Marktplatz Bratwürste gebraten und verkauft wurden. Als der Komponist Karl Friedrich Zelter am 10. Oktober 1827 in einem Hotel am Marktplatz weilte, schrieb er seinem langjährigen Duz-Freund  Johann Wolfgang von Goethe: „Seit heute früh 6 Uhr werden hier vor meinem Fenster, auf dem Platz, auf zehn verschiedenen Feuern, Würste gebraten; sollte dies Blatt danach duften, so weißt Du, woher es kommt. Es sollen hier auf den zwei Markttagen jede Woche an die 10.000 Würste gebraten werden, das wäre auf jede Coburger Seele eine Wurst pro Woche.“

Das Coburger Bratwurstmännle

Über die Herstellung der Coburger Bratwurst wacht seit der Mitte des 17. Jahrhunderts symbolisch das sogenannte „Bratwurstmännle“, das auf dem Coburger Rathausdach über der Uhr steht und eigentlich den Stadtheiligen St. Mauritius darstellt. Dieser war ein römischer Feldherr und Märtyrer und stammte nicht von der Insel Mauritius sondern aus Agaunum, dem heutigen St. Maurice in der französischen Schweiz. Die Coburger dachten bei Mauritius aber wohl eher an ferne Länder und stellten ihren Stadtheiligen sehr exotisch mit platter Nase und Kraushaar nach Art des Sarottimohren dar.

Als Zeichen seines Feldherrnrangs hält die Figur des Hl. Mauritius einen Feldherrnstab (eigentlich eine Schriftrolle) in der rechten Hand. Dieser wurde seit Jahrhunderten als „Wurstmaß“ angesehen und sollte das verlangte Längenmaß der Coburger Wurst darstellen. Dieses Maß wurde jedoch immer nur geschätzt und man kam auf Längen zwischen 35 und 40 cm. Erst 1982 wurde dieses Maß nachgemessen – es beträgt 31 cm. So lange muss auch heute noch eine echte Coburger Bratwurst im Rohzustand sein.

Im Jahre 1623 erließ Herzog Casimir eine Verordnung, nach der die Bratwurst nur 4 1/2 Pfennige kosten durfte und vier Stück zusammen ein ganzes Pfund wiegen mussten. Da ein Coburger Pfund damals 510 Gramm wog, wog eine einzelne Bratwurst damals exakt 127,5 Gramm.

Die Bestandteile und Zusammensetzung der Fränkischen Bratwurst, unter die auch die Coburger Bratwurst fällt, wird heute in der Leitsatz-Kennziffer 2.221.11 der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse (PDF-Datei) geregelt. Neben fettem Schweinefleisch besteht die Coburger Bratwurst auch aus mindestens 15% Rindfleisch. In der Praxis wird jedoch meist etwa ein Viertel Rind- oder Kalbfleisch verwendet. Dieser hohe Anteil an bindegewebsarmem Rindfleisch ist auch der Grund, wieso Ei als Bindemittel verwendet wird. Die Coburger Bratwurst wird meist nur mit Salz, Pfeffer, Muskat und Zitronenzeste gewürzt.

Katholische und evangelische Bratwürste

In Franken unterscheidet man zwischen sogenannten katholischen und evangelischen Bratwürsten. Diese entstammen jeweils denjenigen Gebieten, in denen sich der römisch-katholische Glaube behaupten konnte oder aus denjenigen, in denen sich der reformatorische Glaube Luthers durchsetzen konnte.

Die „katholischen“ und die „evangelischen“ Bratwürste unterscheiden sich in ihrer Struktur und Konsistenz. Die mittelgrobe bis feine Bratwurst, wie z.B. die Nürnberger Rostbratwurst, stammte aus römisch-katholischen Gebieten, während grobe Bratwürste wie die Coburger aus evangelischen Gebieten stammen.

Herstellung der Coburger Bratwurst

Zur Herstellung der Coburger Bratwurst wird das Fleisch erbsengroß gewolft, mit Salz, Pfeffer, Muskat und Zitronenzeste gewürzt und traditionell mit rohen Eiern (Etwa 1,5 Stück pro kg Fleisch) gebunden. Aus hygienischen Gründen wird dazu jedoch heutzutage meistens Vollei bzw. pasteurisiertes Ei verwendet.

Die Masse wird dann in einen speziellen Darm, den „Bändel“ oder „Schleiß“ abgefüllt. Hierbei handelt es sich streng genommen nicht um einen Darm, sondern um die schützende Fettschicht um den Dünndarm, die nach einem besonderen Verfahren abegzogen wird. Sie sorgt dafür, dass die Wurst beim Grillen nicht trocken wird. Die Würste werden im Rohzustand auf 31-32 cm und einem Gewicht von etwa 100 bis 120 gr. abgedreht. Anders ausgedrückt: Aus einem Kilogramm Fleisch, vermischt mit Gewürzen und Eiern, bekommt man genau zehn Coburger Bratwürste.

Aussehen und Geschmack

Coburger Bratwürste sind etwa 31 cm lang und haben ein Gewicht von 100 bis 120 Gramm. Da sie roh sind und darüber hinaus rohe Eier enthalten, muss bei Lagerung und Zubereitung besondere Sorgfalt walten. Sie müssen stets unter 4°C gelagert und müssen innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Zubereitung zubereitet, d.h. durchgegart werden.

Die Coburger Bratwurst wird traditionell auf einem Rost über offenem Holzfeuer aus Buchenholz gegrillt. Diesem werden trockene Kiefernzapfen, die „Kühla“, „Butzkühen“, „Moggele“ oder „Möckerla“, zugegeben. Das verbrennende Harz, der sogenannte „Coburger Weihrauch“, und die durch das verbrennende Fett entstehenden Flammen, die oftmals über die Würste schlagen, sorgen für das besondere, harzige Raucharoma, das bei der Zubereitung der Coburger Bratwurst erwünscht ist.

Coburger Bratwürste werden in einem halben Doppelbrötchen (Semmel) serviert. Dieses wird vertikal und nicht waagerecht aufgeschnitten.  Im Volksmund heißt es, das Brötchen wird „evangelisch“ und nicht „katholisch“ (d.h. waagerecht wie z. B. im katholischen Bamberg) aufgeschnitten. Man kann die Bratwürste mit Senf essen, echte Kenner essen sie jedoch pur. Ein Frevel dagegen ist es, die Wurst mit Ketchup zu essen.

Die Bratwürste werden auch zu Sauerkraut, deftigem Bauernbrot und einer Maß Bier serviert. Man kann sie aber auch als Brühwurst verwenden.

Kontroverse um erhöhte Benzo[a]pyren-Werte

2014 stellten Lebensmittelkontrolleure drei Würste sicher, die „zum Teil erhebliche Grenzüberschreitungen“ bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aufwiesen. Diese entstehen beim Grillen über offenem Feuer und weil Fett in die Glut tropft, und sollen krebserregend sein.

Seither droht das Aus für die traditionelle Zubereitung der Coburger Bratwurst auf offenem Buchenfeuer mit Kiefernzapfen. Dagegen sträuben sich die Coburger und verschiedene Lokal- und Europapolitiker/innen. Hoffnung setzen sie auf eine „Änderung der Verordnung in Bezug auf die Höchstwerte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in Fleisch, Fleischerzeugnissen, Fisch und Fischerzeugnissen, die traditionell geräuchert werden“ (Verordnung (EU) Nr. 1327/2014 der Kommission vom 12. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006aus dem Jahr 2006; PDF-Datei) . Nach dieser Verordnung „dürfen Irland, Spanien, Kroatien, Zypern, Lettland, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakische Republik, Finnland, Schweden und das Vereinigte Königreich gestatten, dass traditionell geräuchertes Fleisch und traditionell geräucherte Fleischerzeugnisse, die auf ihrem Hoheitsgebiet geräuchert wurden, zum Verzehr in ihrem Hoheitsgebiet bestimmt sind und höhere Gehalte an PAK als die in Nummer 6.1.4 des Anhangs aufgeführten aufweisen, in ihrem Hoheitsgebiet in Verkehr gebracht werden“.

Da dies auch auf die Coburger Bratwurst zutrifft, hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zugesagt, bei der EU einen entsprechenden Antrag auf Sondergenehmigung zu stellen. Da dieser jedoch durch mehrere Instanzen gehen muss, ist der Ausgang hier bis dato (Stand Dezember 2017) noch ungewiss.

In der Zwischenzeit haben die Coburger Bratwurstbräter selbst reagiert und einige Änderungen vorgenommen. Die Flacheisen im Rost sind jetzt etwas breiter und die Abstände zwischen ihnen geringer. Dadurch kann das Fett zwar noch abtropfen, aber die Flammen erreichen kaum noch die Würste direkt. Außerdem wurde der Rost um drei Zentmeter über dem Feuer angehoben. Schließlich werden die Coburger Bratwürste nur noch über Kiefernzapfen angebraten, fertiggegrillt werden sie auf Buchenholzkohle.

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    Jürgen ist gelernter Koch und staatlich geprüfter Hotelbetriebswirt. Er war u.a. als Küchenchef in einem Hotel einer großen, internationalen Hotelkette tätig. Jürgen hat, neben seinem Abschluss zum staatlich geprüften Hotelbetriebswirt, diverse Aus- und Weiterbildungen im Bereich Gastronomie absolviert. Dazu zählen u.a. die Ausbildereignungsprüfung sowie eine Weiterbildung in der weltberühmten Ecole Lenôtre in Paris.
    Jürgen ist seit über 20 Jahren im Onlinebereich tätig. Seine Leidenschaft gilt nach wie vor den Bereichen Essen und Trinken, wo er sich besonders für traditionelle, unverfälschte Lebensmittel und Getränke, deren Herstellung und natürlich deren Genuss interessiert.
    Jürgen ist u.a. Träger des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung und Anerkannter Berater für Deutschen Wein.

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