Prosciutto di Sauris

Prosciuto di Sauris
Bild: Petar43, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
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Prosciutto di Sauris ist eine rohe, geräucherte Schinkenspezialität aus der Provinz Udine im nördlichen Teil von Friaul-Julisch Venetien. Seinen Namen hat der Prosciutto di Sauris von der kleinen, auf etwa 1.200 Metern liegenden Gemeinde Sauris (deutsch: Zahre), die zu den deutschen Sprachinsel in Italiens Norden gehört. Das nur etwa 460 Einwohner zählende Sauris liegt in den Karnischen Alpen im Nordosten Italiens nahe der österreichischen Grenze. Prosciutto di Sauris ist, im Gegensatz zu den meisten anderen italienischen Rohschinken wie z.B. die Schinken aus San Daniele oder aus Parma, geräuchert und nicht nur luftgetrocknet.

Prosciutto di Sauris ist seit 2010 EU-weit als IGP-Produkt (Indicazione geografica protetta; geschützte geographische Angabe, g.g.A.) geschützt (PDF-Datei)

Geschichte des Prosciutto di Sauris

Die Schinkenherstellung hat eine lange Tradition in der Region. Das Dorf Sauris liegt auf über 1.200 m und ist damit die höchstgelegene Gemeinde im gesamten Friaul. Es liegt auf einer Ebene im Tal des Flüsschens Lumiei, umgeben von Bergwäldern aus Nadel- und Laubbäumen, die sich bis auf eine Höhe von 2.000 m erstrecken. Die geschützte Lage sorgt für einen stetigen Wind und für Niederschlagsmengen, die mit etwa 1.400 mm im Jahr deutlich unter dem Durchschnitt des restlichen Friauls liegen. Dies sind optimale Bedingungen für die Herstellung von luftgetrocknetem Schinken. Diese klimatischen Bedingungen werden noch verbessert durch den Stausee in Sauris, der 1948 eingeweiht wurde.

Erste Siedler aus Kärnten und Tirol

Der erste schriftliche Hinweis auf eine Siedlung in Sauris stammt aus dem Jahr 1280. Der Legende nach soll das Dorf Sauris von zwei deutschen Soldaten gegründet worden sein, die sich auf der Flucht vor dem Militärdienst oder vor einem feindlichen Heer im Lumiei-Tal niederließen. Tatsächlich stammten die ersten Siedler aus einem unbekannten Tal zwischen Kärnten und Tirol im heutigen Österreich. Von diesen ersten Siedlern zeugt bis heute ein deutscher Dialekt, der noch von einigen Älteren im Dorf gesprochen wird.

Die Siedler züchteten Vieh, das sie im Sommer auf die Hochalmen trieben und schlugen Brennholz, das es in den Wäldern überreichlich gab. Außerdem hielt sich praktisch jede Familie ein paar Schweine, um daraus im Spätherbst Würste und Schinken für das nächste Jahr herzustellen, wie dies in vielen Teilen Europas üblich war. Das Dorf im schwer zugänglichen Tal war weitgehend autark. Waren und Güter, die es in ihrem Tal nicht gab, wie z.B. Salz, erwarben sie durch Tauschhandel mit anderen Dörfern und Städten. Um diese erreichen zu können, mussten die Sauraner einen mühsamen und beschwerlichen Weg auf sich nehmen.

Eine gelungene Mischung aus nord- und südeuropäischen Konservierungstechniken

Aus ihrer Heimat im Norden brachten die Siedler die Kunst des Räucherns mit, um Fleisch zu konservieren und es über lange Monate haltbar zu machen. Auch in ihrer neuen Heimat fanden sie ausreichend Holz vor, um ihr Fleisch räuchern zu können. Gleichzeitig lernten sie durch ihre Handelsbeziehungen die Techniken des Salzens und Lufttrocknens, wie man sie im Süden Italiens praktizierte. Sie kombinierten beide Techniken und erschufen mit dem Prosciutto di Sauris einen Schinken, der die Konservierungstechnik des Räucherns des Nordens mit der des Salzens und Lufttrocknens des Südens in sich vereinte.

Der mild-süßliche Schinken diente ihnen als Vorrat, aber auch als begehrtes Tauschobjekt und Zahlungsmittel. Er wurde ursprünglich von den Familien für den Eigenbedarf und als Tauschobjekt hergestellt. Traditionell wurde der Schinken am 11. November, dem Fest des Hl. Sankt Martin (Fiera di San Martino), in der nächstgelegenen größeren Stadt verkauft und gehandelt. Dorthin mussten die Sauraner ihren Schinken mühsam zu Fuß oder per Handkarren schleppen. Erst nach dem 2. Weltkrieg begann man im Dorf damit, den Prosciutto di Sauris im größeren Maßstab für den Verkauf herzustellen.

Der Schinken wird im Ort Sauris nur von zwei Produzenten hergestellt: Dem bekannteren, 1862 gegründeten Familienbetrieb Prosciuttificio Wolf Sauris und Prosciuttificio Vecchio Sauris (Ohne Webseite). Zusammen produzieren die beiden Betriebe etwa 40.000 Schinken im Jahr.

Nach den strengen Richtlinien der EU darf Prosciutto di Sauris nur aus den Hinterkeulen von Schweinen der traditionellen Rassen Large White Italiana und Landrace Italiana verwendet werden, verbessert gemäß dem italienischen Zuchtbuch (Libro Genealogico Italiano). Außerdem sind einige andere Kreuzungen zugelassen. Bei den Schweinen muss es sich um „schwere“ Schweine handeln. Die Keulen müssen mehr als 11 kg wiegen und die Schweine müssen ein Schlachtalter von mindestens 9 und höchstens 15 Monate haben. Die Herstellung vom Einsalzen der Keulen bis hin zur Verpackung muss in Sauris stattfinden.

Herstellung von Prosciutto di Sauris

Zur Herstellung von Prosciutto di Sauris werden die Hinterkeulen mit Knochen zunächst zugeschnitten und in Form gebracht. Danach wird eine Mischung aus Steinsalz oder Meersalz, schwarzem Pfeffer und Knoblauch in die Keulen eingerieben und -massiert. Das Pökeln erfolgt in drei Phasen und dauert insgesamt 21 Tage. Nach dem Ende der ersten und zweiten Phase werden die Keulen jeweils wieder mit der Salzmischung eingerieben und massiert.

Da durch das spätere Räuchern der Schinken ausreichend konserviert wird, kann beim Einsalzen auf eine größere Menge Salz verzichtet werden. Dadurch bekommt der fertige Schinken später nur einen leicht salzigen, dafür aber einen typischen mild-süßen Geschmack.

Nach dem Salzen wird das Salz abgewaschen, und die Keulen erneut in Form geschnitten. Gleichzeitig wird der bisher an der Keule verbliebene Teil des medialen Hüftgelenks, der aufgrund des Gewichtsverlusts aus der fleischigen Masse austritt, abgeschnitten.

Nach dem erneuten Zuschnitt wird der Schinken über heimischem Buchenholz geräuchert. Dies geschieht in speziell dafür vorgesehenen Räucherkammern. Dazu wird der Rauch aus externen Kaminen über Rohre in die Räucherkammer geleitet und dort vom Boden aus im Raum verteilt. Der Räuchervorgang dauert insgesamt 72 Stunden. Die Temperatur in der Räucherkam­mer liegt bei 15° – 20°C, die Luftfeuchtigkeit zwischen 50% und 90%. Anschließend lässt man die Schinken trocknen

Nach dem Trocknen hängt man die Schinken zum Reifen in Räume, deren Fenster für die natürliche Belüftung und den Luftaustausch sorgen. Die Schinken reifen dort bei Temperaturen von 16° – 22°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit zwischen 50% und 90%.

Während des Reifungsprozesses der Schinken bilden sich häufig Risse im Fleisch. Diese verschließt man mit einer Paste aus Schweineschmalz (60—80%), Ge­treidemehl (bis zu 25%), Salz (1%) und Pfeffer (1%—30%). Die Paste wird stucco genannt. Nach dem Einschmalzen wird der Schinken zum weiteren Reifen aufgehängt, Die Gesamtherstellungszeit vom ersten Einsalzen bis zum Ende der Reifung dauert mindestens 10 Monate, oft jedoch auch 12 und bis zu 18 Monate.

In den Reiferäumen herrscht eine besondere Mikroflora, die hauptsächlich aus ungiftigen Schimmelpilzen besteht. Diese befällt im Laufe der Reifungsphase die Keulen und bildet eine dünne, weißlich-graue Schicht auf dem Fleisch. Diese Schicht aus Edelschimmel trägt zum späteren charakteristischen Geschmack bei und wird vor der Auslieferung des Schinkens entfernt.

Aussehen und Geschmack

Fertig gereifter Prosciutto di Sauris hat ein Gesamtgewicht von mindestens 7,5 kg mit Knochen. Die am Fleisch verbliebene Schwarte hat eine einheitlich goldbrauner Farbe mit orangefarbenen Schattierungen, das sichtbare Muskelfleisch ist dunkelrot und von fester, elastischer Konsistenz. Das Fleisch im Inneren hat eine rosig-rote Farbe, das Fett ist rein weiß oder weißlich-rosa. Prosciutto di Sauris hat einen zarten Duft und einen mild-süßlichen Geschmack mit einer angenehm rauchigen Note.

Prosciutto di Sauris kommt als ganze Keule mit Knochen, ohne Knochen, als Viertelstücke oder in dünne Scheiben geschnitten in den Handel. Er eignet sich gut in dünne Scheiben geschnitten als Vorspeise oder auf einem frisch gebackenen Pane al Cumino (Regionale Brotsorte mit Kümmel gewürzt und mit Kümmelsamen bestreut), zu Trockenfrüchten, mit Bergkräutern aromatisierten Pilzen oder einer Crema di Peperone (Feine Creme aus gerösteten roten Paprikaschoten).

Zusammenfassung der DOOR-Angaben

TypName des Produkts Dossier- Nr.LandStatusEinr.- datumRegist.- datum
g.g.A.Prosciutto di SaurisIT/PGI/0005/0512ItalienRegistriert07.12.200520.04.2010

 

 

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    Jürgen ist gelernter Koch und staatlich geprüfter Hotelbetriebswirt. Er war u.a. als Küchenchef in einem Hotel einer großen, internationalen Hotelkette tätig. Jürgen hat, neben seinem Abschluss zum staatlich geprüften Hotelbetriebswirt, diverse Aus- und Weiterbildungen im Bereich Gastronomie absolviert. Dazu zählen u.a. die Ausbildereignungsprüfung sowie eine Weiterbildung in der weltberühmten Ecole Lenôtre in Paris.
    Jürgen ist seit über 20 Jahren im Onlinebereich tätig. Seine Leidenschaft gilt nach wie vor den Bereichen Essen und Trinken, wo er sich besonders für traditionelle, unverfälschte Lebensmittel und Getränke, deren Herstellung und natürlich deren Genuss interessiert.
    Jürgen ist u.a. Träger des Meisterpreises der Bayerischen Staatsregierung und Anerkannter Berater für Deutschen Wein.

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