Jauersche Würstchen, auch Jauersche Wurst oder nur Jauersche genannt, sind eine alte, traditionelle, jedoch heute beinahe vergessene Brühwurstsorte aus der Region Berlin-Brandenburg. Die Jauerschen Würstchen haben Ähnlichkeit mit dem Wiener Würstchen bzw. dem Frankfurter Würstchen.
Geschichte der Jauerschen Würstchen
Über die Geschichte der Jauerschen Würstchen ist nur sehr wenig bekannt. Vermutlich sind sie Anfang oder Mitte des 19. Jahrhunderts aufgekommen. Die Wurst wird im Buch „Gastrosophie oder die Lehre von den Freuden der Tafel. Erster Band“ von Eugen von Vaerst aus dem Jahr 1851 erwähnt. Auch Theodor Fontane erwähnt die Wurst in seinem Roman „Mathilde Möhring“ aus dem Jahr 1906: „Er ist nu hier rübergegangen nach dem Bahnhof, da ißt er ein deutsches Beefsteak oder vielleicht auch bloß eine Jauersche und trinkt ein Kulmbacher.“. Auch Clemens Brentano („Italienische Märchen“), Julius Stinde („Wilhelmine Buchholz‘ Memoiren“, 1895), Paul Lindau („Der Prozess Graef“, 1885) und andere Autoren des ausgehenden 19. Jahrhunderts erwähnen die Wurst.
Die Jauersche Wurst soll nach dem Ende des 1. Weltkriegs von der klinikeigenen Schlachterei des Lungensanatoriums Beelitz bei Berlin zur Stärkung der Tuberkulosepatienten hergestellt worden sein.
Wie die Jauersche zu ihrem Namen kam, ist ebenfalls unklar. Es gibt Hinweise darauf, dass sie nach der niederschlesischen Stadt Jauer (Heute polnisch Jawor) benannt wurde.
Jauersche Würstchen sind heute praktisch in Vergessenheit geraten. Lediglich einige wenige Metzger im Berliner Umland stellen noch eine an den modernen Geschmack angepasste, jedoch in der Regel deutlich fettarmere Version der Jauerschen Würstchen her.
Zu diesen wenigen Metzgern, die heute noch Jauersche Würstchen produzieren, gehört auch die „mago“ Kohn & Kempkes GmbH & Co. KG aus Berlin, die mit fünf eigenständigen Firmen nach eigenen Angaben zu den Marktführern im Raum Berlin und Brandenburg gehört. Die Fleischerei wurde 1957 von dem Fleischermeister Magrod und dem Kaufmann Goldstaub im Berliner Stadtteil Wedding gegründet. Die zwei Anfangsbuchstaben von Magrod und Goldstaub bilden den Namen des Unternehmens.
Herstellung der Jauerschen Würstchen
Über die traditionelle Herstellung der Jauerschen ist wenig bekannt. Im Buch „Das Fleischergewerbe in Wort und Bild“ (Willy Schmidt, um 1934) ist ein Rezept überliefert. Demnach besteht die Wurst aus fein zerkleinertem Schweinefleisch und -speck, das mit Salz, weißem Pfeffer, gemahlenen Nelken und etwas Zitronenschale gewürzt wird. Einige Quellen sprechen auch davon, dass in die Masse Grieben (Knusprig ausgelassene und angebratene Speckwürfel) gemischt wurde. Die Masse wird dann in speziell behandelte Rinderkranzdärme gefüllt.
Auf die Vorbereitung der Därme ist in diesem Rezept ein besonderes Augenmerk gelegt. Hierbei handelt es sich nicht um Hammelsaitlinge, sondern um Rinderkranzdärme. Diese werden zunächst vorbereitet: Enge Därme werden gereinigt, aufgeblasen und dann an beiden Enden zugebunden. Weite Därme werden vorsichtig in siedendes Wasser getaucht. Dann werden sie ebenfalls aufgeblasen, bis sie den selben Durchmesser wie die engen Därme haben. Auch diese werden zugebunden und aufgehängt. Die Därme lässt man dann abtrocknen und räuchert sie, bis sie eine braune Farbe bekommen.
Dann schneidet man die zugebundenen Enden ab, wässert die Därme und füllt sie mit dem Brät zu Würsten von etwa 80 Gramm, bindet sie mit einer Schnur ab, brüht sie und hängt sie dann zum Trocknen auf.
Die Zusammensetzung des Jauerschen Würstchen wird heute im Deutschen Lebensmittelbuch (PDF-Datei) unter der Leitsatzkennziffer 2.221.03 bestimmt. Danach bestehen Jauersche Würstchen aus grob entsehntem Rindfleisch, fettgewebereichem Schweinefleisch und Speck. Das Brät ist fein zerkleinert mit teilweise gröberen Bestandteilen.
Aussehen und Geschmack
Jauersche Würstchen ähneln in ihrem Aussehen und in ihrem Geschmack dem Wiener bzw. dem Frankfurter Würstchen. Sie wie diese haben die Jauerschen Würstchen eine dünne, längliche Form bei einem Stückgewicht von etwa 80 Gramm. Die Wursthülle ist hellbraun und bissfest. Das Innere der Wurst ist hellrosafarben und hat eine feine, saftige Konsistenz, die zum Teil mit gröberen Bestandteilen durchsetzt sein kann.
Jauersche Würstchen haben einen kräftig-deftigen Geschmack mit einem leichten Räucheraroma. Die Wurst kann heiß und kalt als Snack oder Brotzeit zu Brot oder Brötchen und Senf oder zu Kartoffelsalat gegessen werden. Dazu passt ein kühles Pils oder Bier.
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